Historie der Schmalspurbahn Kohlmühle - Hohnstein
(KH-Linie, spätere KBS 165f
Von Mai 1897 bis Mai 1951 verkehrte von Goßdorf-Kohlmühle nach
Hohnstein die einzige Schmalspurbahn der Sächsischen Schweiz.
Ab 1883, also 14 Jahre lang, hatten Stadt und einflussreiche Bürger um eine
Bahnverbindung gekämpft, bis sie schmalspurig durch das Tal des
Schwarzbaches verwirklicht wurde.
Der Verein hat zur Geschichte der Bahn eine reich bebilderte Broschüre
herausgebracht, die wir dem interssierten Leser empfehlen möchten.
Erhältlich ist diese Broschüre in unserem Souvenirshop zum Versand oder
vor Ort in Lohsdorf oder Kohlmühle.
Bau und Eröffnung der Schwarzbachbahn
Im April 1896 begann der Bau der Schmalspurstrecke von Kohlmühle nach
Hohnstein in 750 mm Spurweite. Eine Besonderheit stellte der Bau der
beiden Tunnel dar – sie sind 63 bzw. 38 m lang und die einzigen noch heute
erhaltenen Schmalspurbahntunnel in Sachsen. Um die Gegebenheiten des
Geländes zu bewältigen, wurden Einschnitte, Dämme, eine Vielzahl von
Brücken, darunter zwei größere Betonbrücken, errichtet. 1896 bauten pro
Monat im Durchschnitt 362 Arbeiter an der Strecke, im Juni sogar 502.
Dadurch schritt der Bau rasch voran. Innerhalb von einem Jahr war die
Strecke fertiggestellt. Vom 28. April ist die Ankunft eines ersten Probezuges
mit Lok 110 auf dem Bf. Hohnstein dokumentarisch überliefert.
Am 30. April 1897 erfolgte die feierliche Eröffnung. Mit Fahnen, Girlanden
und Kränzen an den Häusern brachten die Anwohner ihre Freude über die
Errichtung der Bahn zum Ausdruck. Eine Karte für den Festzug soll 3
Reichsmark gekostet haben. Insgesamt wurden 94793 m³ Erdmassen
bewegt, 2183 m³ Beton, 4751 Schienen und 14600 Schwellen verbaut. Die
Gesamtbaukosten betrugen 1.375.783,58 RM. Mit der Eröffnung der
Schmalspurbahn kam alsbald das Ende der seit 1842 unter Regie der
Hohnsteiner Familie Vetter verkehrenden Postkutschen zwischen
Schandau und Hohnstein. Die letzte Fahrt endete am 31. Mai 1897 in
Hohnstein.
Strecke und Kunstbauten
Beginnend im Sebnitztal, am Übergangsbahnhof Kohlmühle, beginnt die
Strecke nach Hohnstein auf einer Höhe von 146,47m ü NN. Es gab außer
dem Bahnsteiggleis ein Umfahrgleis, ein Abstellgleis und ein Ladegleis.
Eine Überladerampe für Schmalspurfahrzeuge auf Regelspurwagen sowie
eine Güter-umladehalle und ein einständiger Lokschuppen waren
ebenfalls vorhanden.
Auf der Strecke zur Station Lohsdorf wurden 3 Brücken über den
Sebnitzbach, zwei parallel zur Regelspur und eine als Stampfbetonbrücke
freistehend, gebaut. 2 Tunnel, der Schwarzbergtunnel (68m) und der
Maulbergtunnel (39m), sowie 4 kleinere baugleiche Stahlträgerbrücken
über den Schwarzbach brauchte man, um Lohsdorf zu erreichen.
Die Stationen Lohsdorf, Unterehrenberg und Oberehrenberg hatten je ein
Umfahrgleis und ein kurzes Ladegleis. Ab Lohsdorf folgten wieder 2
Stahlträgerbrücken, die letzte kurz bevor der Schwarzbach in Richtung
Krumhermsdorf nach rechts abbiegt. Die Bahn folgte nun dem
Ehrenberger Dorfbach und überquert diesen mehrmals mittels kleiner
Stampfbetonbrücken. Hinter Ehrenberg folgte ein Einschnitt, an den sich
eine sehr langgezogene Linkskurve anschloss. Über die Hochebene, mit
dem höchsten Punkt von 358,96m, schwenkte die Strecke dann im
Rechtsbogen zum Hohnsteiner Bahnhof ein, der oberhalb der Hohnsteiner
Burg am gegenüberliegenden Berg angelegt wurde. Kurz vor der
Bahnhofseinfahrt wurde nochmals ein kleiner Stampfbetonviadukt
überquert. Der Bahnhof liegt auf einer Höhe von 330,08m. Das
Empangsgebäude aus roten Backsteinen ist bis heute erhalten. Der
Güterschuppen und der 2-ständige Lokschuppen hingegen nicht mehr.
Zeit des Bahnbetriebes 1897 bis 1951
Das Verkehrsaufkommen war zwar immer bescheiden, so kam es
beispielsweise nie zu dem anderswo üblichen und auch hier trotz der
Tunnel durchaus möglichen Rollbockverkehr, doch für die Einwohner,
Bauern und Gewerbetreibenden ergab sich eine wesentliche Erleichterung
ihrer Lebensumstände und Arbeitsbedingungen.
Der dichteste Verkehr wurde in den 30er Jahren abgewickelt, als die
zunehmende Anzahl von Wanderern und Sommerfrischlern einen
stärkeren Ausflugsverkehr zur Folge hatte.
Nach der Niederlage Deutschlands im 2. Weltkrieg trieb die Not, die mit der
so genannten Befreiung über die Menschen hereinbrach, insbesondere die
Bevölkerung der Städte auf das Land, wo sie ihr oft mühselig erworbenes
Eigentum gegen Nahrungsmittel eintauschten. Im Volksmund nannte man
diese Fahrten "Hamsterfahrten", doch wer die "Hamster" waren, die
Städter, die mit Taschen voller Kartoffeln und Speck nach Hause fuhren,
oder die Bauern, bei denen selbst in den Stallungen Teppiche gelegen
haben sollen, sei dahingestellt. Den Bahnlinien brachte dieser Handel
jedenfalls viel Verkehr.
Der letzte Zug
Nach 1945, als der Wiederaufbau der zerstörten Städte und das
Überwinden der Kriegsfolgen zu bewältigen waren, war eine romantische
Dampfzugfahrt nicht Grund genug zur Erhaltung der Bahn. Am 27. Mai
1951 fuhr der letzte planmäßige Zug. Ein Fotograf hielt den vorletzten Zug,
GmP 11052 mit Lok 99 555, fast vom selben Standpunkt fest wie 54 Jahre
zuvor. Vor der Lok der Hohnsteiner Buchdrucker Arnold, der auch in Max
Jacobs Autobiographie erwähnt ist.
Die Demontage der Bahn
Die Strecke nach Hohnstein war der Reparationsdemontage entgangen,
doch weil sich das Leben wieder weitgehend normalisiert hatte, an
Tourismus aber noch nicht zu denken war, sanken die
Beförderungsleistungen deutlich, und der durch die Teilung Europas und
Deutschlands in zwei entgege gesetzte Systeme hervorgerufene Kalte Krieg
schien manchem Entscheidungsträger Maßnahmen nötig zu machen, die
üble Folgen hatten. Im Zuge der Isolation Westberlins sollte auch der
Eisenbahnverkehr um diesen Teil der Stadt herumgeführt werden, weshalb
der "Berliner Außenring" errichtet wurde. In diesem Zusammenhang
erfolgten trotz deutlicher Proteste binnen kurzer Zeit Stilllegung und Abbau
der Bahnstrecke nach Hohnstein.
Anders als anderswo hinterließ der Streckenabbau deutliche Zeichen der
Bahn. Bahntrasse, Durchlässe, Brücken, die Tunnel sind weitgehend
erhalten geblieben und bei einer Wanderung entlang der Strecke deutlich
sichtbar.
Das Ende der sozialistischen Entmündigung führte zwar zu vielen privaten
Wiederaufbaubemühungen an alten, insbesondere schmalspurigen
Bahnlinien. Viele Menschen wanderten auch an der Strecke nach Hohnstein
entlang, und etliche mögen von einer Reaktivierung geträumt haben, doch
erst Ende 1994 fand sich jemand, der aus einem "man müsste doch" zu
ernsthaften Bemühungen kam.
Eine sehr ausführliche Fotodokumentation finden Sie im Internet bei
www.stillgelegt.de unter stillgelegt/sachsen, zusammengestellt und
fotografiert von Herrn Martin Wollmann.
Der Preßkurier schreibt in seiner Ausgabe 3/2001 auf Seite 31 unter
dem Titel Eisenbahn-Geschichte folgenden Beitrag über die
Schwarzbachbahn:
Prolog:
Um Eisenbahngeschichte hautnah erleben zu können, helfen heute
Erzählungen , Bilder und oftmals auch Schmalfilme. Grundlage jeder
Forschung bleiben jedoch Akten. Im Bestand des Sächsischen
Hauptstaatsarchivs in Dresden entdeckte Redakteur Andre Marks vor
kurzem verschiedene Schriftstücke, die die Bemühungen der
Anliegergemeinden der Strecke Goßdorf-Kohlmühle in der Sächsischen
Schweiz belegen, den am 28. Juli 1947 wegen Lokmangel eingestellten
Zugverkehr wieder aufzunehmen. Aus diesen Unterlagen sei in Folge
auszugsweise zitiert:
Verhalten der Eisenbahn befremdet
Drei Tage nach der Einstellung des Betriebes auf der Schmalspurbahn von
Goßdorf-Kohlmühle wandte sich Hohnsteins Bürgermeister Wischetzky am
1. August 1947 an die Rbd Dresden:"Ich finde es befremdend, daß man es
nicht einmal für nötig hält, uns als Stadtverwaltung zu informieren ..." In
Hohnstein sei deshalb eine "allgemeine Aufruhr". Gegen die Einstellung des
Zugverkehrs lege man "strengsten Protest" ein, da Hohnstein bei der
Güterbeförderung völlig auf die Kleinbahn angewiesen sei, wie auch viele
Arbeiter nur durch die Bahnlinie nach Kohlmühle oder Bad Schandau zur
Arbeit gelangen könnten.
Am 3. August 1947 erhob die Genossenschaft Ehrenberg "gegen die
Stillegung ... nachdrücklich Beschwerde". Die "Vornahme jeder
Güterbewegung" sein so "fast zur Unmöglichkeit geworden", klagte der
Verfasser des Schreibens. Die Wiederinbetriebnahme der Strecke
bezeichnete er als "direkte Lebensfrage für unser Gebiet".
Im Antwortschreiben der Rbd Dresden vom 5. August (!) verweist die
Reichsbahn darauf, daß es "uns an betriebsfähigen
Schmalspurlokomotiven mangelt. Über die voraussichtliche Dauer der
Betriebseinstellung können wir zunächst nichts sagen." Man sei aber
bemüht, den Zugverkehr baldestmöglich wieder aufzunehmen.
An den Bürgermeister antwortete die Rbd Dresden erst am 11. August
1947. Auch ihm konnten keine Angaben über "die voraussichtliche Dauer
der Betriebseinstellung" gemacht werden - jedoch: "Selbstverständlich sind
wir bemüht, die getroffene Maßnahme, die auch nur notgedrungen
durchgeführt werden mußte, aufzuheben, sobald genügend betriebsfähige
Schmalspurlokomotiven zur Verfügung stehen."
Epilog
Wann der Verkehr 1947 wieder aufgenommen wurde, ging aus den
gefundenen Akten nicht hervor. Doch er wurde, wissen wir heute. 99 555
stand alsbald zur Verfügung, die später teils von 99 606 abgelöst wurde. Im
Mai 1951 stellte die Deutsche Reichsbahn erneut den Zugverkehr ein. Doch
diesmal sollte es für immer sein. Wie die Anlieger darauf reagierten - dies
könnte sicher noch in anderen Akten zu finden sein ...
Fahrplan der Schwarzbachbahn